Formatradio zum Hinhören
Ein paar grundsätzliche Worte, Teil 1
Jede Musikplanung basiert auf diversen Annahmen über die Realität, auf eigenen Erfahrungen, auf empirischen Ergebnissen der Marktforschung und auf Intuition. Zu einem wichtigen Teil besteht sie, ehrlich gesagt, auch auf dem bloßen Abschauen bei anderen oder der Übernahme von Traditionen des eigenen Hauses. Was sich einmal bewährt hat, wird fortgesetzt (Lernen durch „operantes Konditionieren“).
Fast alle heutigen Sender, bis auf die Kulturprogramme, und selbst da ist der Trend zu beobachten, sind durchformatierte Tagesbegleitprogramme mit hohem Musikanteil, Service-Breaks und mehr oder weniger intensiv ausgeprägtem Infotainment. Vermarktet mit heftiger Off- und On-Air-Eigenpromotion und „Hörerkauf“. Nichts anderes sind MA-Gewinnspiele vom Typ „Bleiben Sie länger dran und verpassen Sie nicht Ihre Gewinnchance!“ Dafür gibt’s dann Kohle, Reisen, bezahlte Rechnungen oder Konsumartikel. Gemessen wird der „Erfolg“ eines Programms ausschließlich Hörerzahlen laut Media Analyse (MA).
Das machen alle Programme, die heute auf dem Markt sind, recht gut, professionell und abgeklärt. Aber ob so das Medium Radio in die Zukunft geführt werden kann? Ich bezweifle es ein bißchen. Es ist so wie in der Systemgastronomie. Welch gigantischem Werbeaufwand müssen McDonald’s & Co. auffahren, um ihre fettigen Magenfüller in die Schlünder zu treiben? Food Design aus der Chemieküche muß ausgepackt werden, damit die Produkte irgendwie noch frisch aussehen. Und das wiederum wird kaschiert durch „Green-Washing“ im Corporate Design und Architektur, z.B. mit Holz-Imitat im Gastraum. Mehr Schein als Sein eben. Jedoch sollte die umgekehrte Marschroute kostengünstiger und dauerhafter sein. Das ist das, was ich mit Authentizität meine. Denn wer beim Lügen erwischt wird, dem glaubt man nicht mehr. Das gilt auch für Radioprogramme. Zu behaupten, was nicht der Programmwirklichkeit entspricht, ist nicht nachhaltig. Denn die Glaubwürdigkeit ist doch das wichtigste Image eines jeden Massenmediums. Was passiert, wenn man die Glaubwürdigkeit verliert, merken gerade die Printmedien. Lassen wir es im Radio nicht soweit kommen.
Trotzdem muß man sich dem Status quo stellen. Das tue ich. Ich will State-of-the-art-Musikplanung für das 21. Jahrhundert anbieten, von einer neuen Generation von Musikredakteuren, für Formatradio zum (auch mal) Hinhören. Radio ist in gewissem Sinn ein Kulturprodukt und steht darum immer im Spannungsfeld zwischen Kommerz und Kunst. Ich versuche, dabei eine saubere Balance zu halten, bei privaten Anbietern eher zur einen, bei den Öffentlich-rechtlichen eher zur anderen Seite. Ich hoffe, daß mir das gelingt. Musikjournalistisch z.B. in der Pophistory „Täglich Pop“, die unterhaltsam interessante und wichtige Ereignisse der Popgeschichte aufarbeitet.